Aktuelle Nachrichten zur Kommunalwahl 2021 Pattensen

Bürgermeisterin Ramona Schumann im Interview mit Jens Ernst

PATTENSEN. Die SPD Pattensen stellt im Interview ihre Kandidaten für die diesjährigen Wahlen vor. Dieses Mal steht Bürgermeisterin Ramona Schumann Rede und Antwort. Lesen Sie hier das komplette Interview mit der Bürgermeisterin der Stadt Pattensen.

Jens Ernst: Hallo Ramona, sieben Jahre Bürgermeisterin und es ist echt viel passiert. An was denkst du als Erstes, wenn du zurückblickst.

Ramona Schumann: Oh, naja besonders präsent sind natürlich die letzten anderthalb Jahre Corona-Krise. Ich hatte das Glück, dass ich vorher bereits von jemanden Anfang 2020 als noch alles weit weg schien - eher unfreundlich auf unser "Nichtstun" angesprochen wurde und das den Ausschlag gab, sich damit tiefer zu beschäftigen. Als dann im Februar noch ein weiteres Gespräch mit unserem Hausarzt dazu kam, habe ich dann Vorsorge getroffen.

Jens Ernst: Wie war das denn für dich rückblickend seit März letzten Jahres?

Ramona Schumann: Ich habe ja bei der Zollverwaltung mal in sowas wie Lagezentren gearbeitet. Das Wissen habe ich genutzt, um einen Plan für eine Ernstlage auszuarbeiten. Das Szenario, was ich vor Augen hatte, war: Was passiert, wenn wir wirklich Schulen und Kitas schließen würden? Für mich zu dem Zeitpunkt noch unvorstellbar. Aber ich wollte wissen, was muss getan werden, damit die Verwaltung weiterarbeiten kann. Denn wir müssen wichtige Aufgaben sicherstellen. Und daraus entwickelten sich drei Szenarien, von denen dann das denkbar schlechteste am 13.03. eintrat. Da ich aber in der Woche zuvor durch die Gerüchte sensibilisiert war, habe ich die Führungskräfte über mögliche Umsetzungen informiert und so konnten wir sehr schnell reagieren und ich hatte an den Wochenenden Zeit, mich um die Bürgerkommunikation zu kümmern.

Jens Ernst: Du hast Videos gemacht und versucht zu erklären, worum es geht.

Ramona Schumann: Ja, genau. Ich habe viele Abende gesessen und Informationen gelesen. Habe versucht mein Schulwissen über exponentielles Wachstum zu reaktivieren, Podcasts gehört und mich breit informiert. Parallel habe ich mit den Trägern der Kitas und den Schulleitungen telefoniert, versucht Anmeldebögen für Notbetreuungen zu entwickeln, damit die Mitarbeiterinnen sich erstmal in der neuen Situation zurechtfinden konnten. Die waren als Eltern größtenteils ja selbst betroffen. Wir mussten auch unsere Kommunikationsformen ändern. Das ging aber super schnell. Ich bin rückblickend immer noch dankbar dafür wie gut die Kolleginnen und Kollegen mitgezogen haben. So hatte ich Zeit für das Drehen und Schneiden von Videos und Erläutern von neuen Informationen, die ja in schneller Taktung kamen. Am Anfang habe ich auch tägliche Updates in der Zeitung gegeben.

Jens Ernst: Das klingt nach sehr viel in sehr kurzer Zeit. Mal abgesehen von Corona. Du bist doch auch sonst krisenfest, oder irre ich mich?

Ramona Schumann: [lacht] Also ich hätte schon ganz gerne ein ruhiges Amtsjahr gehabt. Zugegeben. Aber ich nehme die Dinge, wie sie kommen. Begonnen hat das ja gleich 2015 mit der Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt - ein Thema, dass im Übrigen bis heute geblieben ist. Da fehlten eigentlich fast zwei Jahre im Zeitplan, in denen wir gefühlt nicht anderes gemacht haben.

Das stimmt jetzt aber nicht so ganz. Parallel diskutierten wir noch den Süd-Link, vielleicht erinnert sich ja noch jemand. Dann hatten wir sehr viele, sehr große Bauprojekte gleichzeitig - wie die Kita Ruther Straße und die KGS. Ich bin selbst manchmal erstaunt, wie viel in diese sieben Jahre gepasst hat und wie das auch gelungen ist. Unsere, bis jetzt, abgeschlossenen Hochbauten sind alle im Zeit- und Kostenrahmen geblieben.

Das ist bei fast 30 Mio. Euro Investition beachtlich. Für mich war es dann auch ein Riesenkompliment, als mir jemand, der sagte, dass er mir das Amt nicht zugetraut hatte, sehr beeindruckt von meiner Arbeit sei. Ich sehe mich selber auch als pragmatische Krisenmanagerin. Handeln, wo Handeln erforderlich ist, gleichzeitig muss man aber planen, wo es angezeigt ist

Jens Ernst: Du spielst darauf an, dass du viel von Konzepten sprichst.

Ramona Schumann: Eigentlich nicht. Aber das können wir gerne besprechen. Denn ich halte Konzepte für eine wichtige Entscheidungsgrundlage für den Rat. Wir müssen uns auf Entscheidungen so vorbereiten, dass auch mittel- und langfristige Konsequenzen klar sind. Dazu gehört vor allem, dass wir uns nicht von akuten Stimmungen, sondern von langfristigen Zielen leiten lassen.

Jens Ernst: Ein Herzensprojekt von dir war ein Jugendparlament.

Ramona Schumann: Richtig, die Idee stammt ja noch aus meinem Wahlkampf 2013/2014.

Hier hatten die gleichen Gruppen übrigens, die auch jetzt nicht vollumfänglich zuhören, eine Umfrage initiiert und diese dann nicht in Handeln umgesetzt. So entstand die Idee. Und ich bin immer noch voller Begeisterung für die Arbeit des Jugendparlaments. Sie sind engagiert, lösungsorientiert und arbeiten sachbezogen. Ich wollte der Generation, die das, was wir jetzt entscheiden, später mit verantworten müssen eine Stimme und einen Raum geben und das ist gelungen. Ich bin im Übrigen sehr stolz, dass wir schon jetzt mehr Bewerbungen für die Wahl am 26.09. haben als 2019 zur ersten Wahl. Das zeigt auch, dass die Arbeit gesehen und von den Jugendlichen als Chance zur Beteiligung gesehen wird.

Jens Ernst: Kommen wir doch mal zu dem ISEK - integriertes Stadtentwicklungskonzept. Dieses hattest du auch schon 2014 geplant. Nach drei Anläufen kommt es nun endlich.

Ramona Schumann: Ja, das war kein einfacher Prozess. Am Ende bin ich froh, dass das ISEK jetzt starten kann.

Obwohl mir eine Ratsmehrheit, an der SPD und Grüne nicht beteiligt waren, wieder eine Hürde eingebaut hat, die den Prozess des ISEK auszubremsen droht. Reine Online-Veranstaltungen wurden quasi untersagt, hybride Veranstaltungen nur eingeschränkt - in der Diskussion hatte ich den Eindruck, dass nur reine Präsenzveranstaltungen gewollt sind. Hier müssen dringend Änderungen in der Zusammenarbeit passieren.

Jens Ernst: Wie meinst du das?

Ramona Schumann: Die Ratsarbeit muss überprüfbarer sein. Ich finde es nicht richtig, dass es darum geht, wer als Erstes mit einem Thema in der Zeitung steht oder eine Forderung formuliert hat. Es muss darum gehen, was aus einem Thema der einem Antrag am Ende tatsächlich geworden ist. Und was haben wir im Rat oder die Antragssteller dafür getan, dass es möglich wird. Ein Beispiel: Ich kann nicht behaupten Bürgerbeteiligung zu wollen und dann die Bürger an der eigentlichen Entscheidungsfindung nicht teilhaben, sondern nur zu hören zu lassen. Ich muss Formate, die auch andere Gruppierungen zugutekommen, zulassen; wie tun gut daran hier mal unsere Komfortzone zu verlassen.

Jens Ernst: Das ist aber nicht sonderlich konkret.

Ramona Schumann: Wie wäre es damit: Wie sinnvoll ist es einerseits neue und bessere Spielplätze zu fordern, die unterhalten gepflegt und gewartet werden müssen oder eine neue Aufgabe wie eine Zulassungsstelle zu fordern und quasi gleichzeitig zu beschließen, jedes Jahr zwei Stellen irgendwo in der Verwaltung abzubauen. Was auch nicht funktioniert, ist in Ratsstatements das Ehrenamt zu loben, aber dann der Verwaltung die Mittel für den Neujahrsempfang zu kürzen, was die einzige Veranstaltung ist, bei der wir dem Ehrenamt eine echte Bühne bieten. Hier passen Worte und Taten einfach nicht zusammen und das will ich neu aufstellen. Wir müssen uns daran messen lassen, was wir tatsächlich getan haben und nicht nur daran, was wir gefordert haben.

Jens Ernst: Das klingt sehr strategisch. Wie kann man das erreichen?

Ramona Schumann: Mit einer Art Controlling. Wir nutzen den Übergang von einer Wahlperiode zur Nächsten und formulieren Ziele, die im Jahre 2026 erreicht worden sein sollen. Daraus folgen Prioritäten und diese werden wiederum in Aufgaben heruntergebrochen. Dabei muss auch klar sein, dass Raum bleiben muss für das Alltagsgeschäft, das keiner politischen Entscheidung unterliegt. Das ist überprüfbar. Mein Ziel ist ein Team zu bilden. Die erfolgreichsten Städte sind die, in denen Rat, Verwaltung und Bürgerschaft konstruktiv zusammenarbeiten. Parteiübergreifend. Das muss im Interesse aller sein, die sich gerade aufstellen lassen

Jens Ernst: Wie meinst du das?

Ramona Schumann: Wer Bürgerbeteiligung will, muss die Bürgerschaft über viele Kanäle einbinden. Ich denke, wie müssen beginnen Bürger:innen an eigentlichen Entscheidungsfindungen anders teilhaben zu lassen. Zuhören oder Fragen stellen lassen, ist für mich keine aktivierende Beteiligung. Ich halte es für wichtig auch neue Formate zuzulassen.

Jens Ernst: Wie soll sich denn die Zusammenarbeit in den Gremien künftig nach deiner Meinung entwickeln oder verbessern?

Ramona Schumann: Ich wünsche mir mehr strategische Entscheidungen. Mir schwebt daher eine Art Entscheidungscontrolling vor. Mein Ziel ist es, ein Team zu bilden. Teamarbeit ist auf Gemeinschaft ausgelegt. Das wünsche ich mir. Die erfolgreichsten Städte sind die, in denen Rat, Verwaltung und Bürgerschaft konstruktiv zusammenarbeiten.

Jens Ernst: Was sind denn aus deiner Sicht die nächsten großen Ziele für Pattensen?

Ramona Schumann: Die aktivierende und eine modernere Bürgerbeteiligung. Auf jeden Fall. Ich will zudem ein Nachhaltigkeitsmanagement etablieren, dieses kann man vom Bund sogar fördern lassen. Da freue ich mich hier über die Unterstützung der Grünen und der SPD. Dann wünsche ich mir ein stärkeres Fördermittelmanagement, und die Wirtschaftsförderung möchte ich deutlich besser aufstellen.

Jens Ernst: Das alles sind Themen, die du ja bereits im Amt entwickelt bzw. begonnen hast. Ist da noch mehr?

Ramona Schumann: Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen fällt mir noch ein. Auch der weitere Ausbau der Zusammenarbeit mit den Schulen ist ein wichtiges Thema. Insbesondere die Projekte MakerSpace, Ausbildungsmesse und Digitalpakt haben gezeigt, dass wir hier gut aufgestellt sind. Ich will dieses lokale Bildungsbündnis unbedingt stärker etablieren und weiter ausbauen. Schlagwortartig habe ich noch: Barrierefreiheit im Stadtgebiet, eine Verbesserung im Ordnungsdienst, Aufforstung von Bäumen im Stadtgebiet oder neue Sportförderrichtlinien. Ich höre jetzt besser auf, aber die Liste ist noch deutlich länger.

Jens Ernst: Das klingt nach einem Programm von mehr als fünf Jahren...

Ramona Schumann: Ich habe immer gesagt, ich weigere mich in Legislaturperioden zu denken. Es muss neben kurzfristigen Zielen - wie einer Verbesserung im Stadtbild was Sauberkeit angeht - eben auch langfristige geben. Dazu gehört unter anderem die Digitalisierung, die auch einen Kulturwechsel in der Zusammenarbeit vorsieht und eine Daueraufgabe sein wird. Außerdem sind viele Weichen ja schon gestellt - wie das Radverkehrskonzept oder die Förderung des Bades.

Insgesamt bin ich der Überzeugung, wenn wir alle an einem Strang ziehen und eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, dann ist das meiste dieser Ideen auf jeden Fall in fünf Jahren zu schaffen.

Jens Ernst: Wenn du so erzählst, dann spürt man die Energie und deine Begeisterung - ist das immer so?

Ramona Schumann: Ich bin tatsächlich voller Begeisterung Bürgermeisterin und zeige das auch überall, wo ich hingehe. Ich bin sowieso sehr begeisterungsfähig und lasse mich schnell von guten innovativen Ideen anstecken. Jetzt, wo zudem die Sachen abgearbeitet sind, die ich übernommen habe, freue ich mich total darauf, Verbesserungen vorzunehmen, und vor allem weitere innovative und neue Projekte anzustoßen. Pattensen hat so viel Potenzial. Es wird mir ein Riesenvergnügen sein, das fortsetzen zu dürfen.

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